It´s great to be a Michigan Wolverine
16 Monate ist es jetzt her, dass ich meine Bewerbung für ein Auslandssemester in den USA beim International Office in Tübingen eingereicht habe. Viele Wochen des Wartes, administrativen Chaos, Visumsterminen und Stipendienbewerb16 Monate ist es jetzt her, dass ich meine Bewerbung für ein Auslandssemester in den USA beim International Office in Tübingen eingereicht habe. Viele Wochen des Wartes, administrativen Chaos, Visumsterminen und Stipendienbewerbungen später habe ich nun die Freude, einen kleinen Einblick in meinen Alltag an der University of Michigan in Ann Arbor zu geben.
Das Wintersemester in den USA geht schon im August los, sodass mir nach den Hauptterminklausuren nicht mehr viel Zeit in Tübingen blieb. In einer Woche saß ich noch in der Bib an Economics in Action, in der nächsten schon auf gepackten Koffern am Frankfurter Flughafen. Mein Ziel: Detroit, und von dort mit dem Bus weiter nach Ann Arbor. Diese beschauliche Stadt im Süden Michigans ist eine der Partnerstädte Tübingens. Auch hier ist ein beachtlicher Teil der Einwohner:innen an der Uni eingeschrieben, es gibt Bibliotheken und hässliche Vorlesungssäle und spannende Forschung, eine demokratische Mehrheit und sogar ein paar Fahrradwege. Alles in allem kann man sich als Tübinger Austauschstudi hier also fühlen wie ein Fisch im Wasser.
Einige Unterschiede fallen dann aber doch auf. Zum Beispiel, dass viele hier nicht selbstständig in Wohnungen oder WGs wohnen, sondern in Dormitories auf dem Campus. Wer sich nicht ein Zimmer teilen möchte, muss sich also rechtzeitig um eine Alternative kümmern. In dieser Hinsicht hatte ich Glück und konnte nach meiner Ankunft in Ann Arbor den Jetlag in meinem Einzelzimmer ausschlafen. Insgesamt wurden noch 7 weitere Tübinger:innen in Michigan angenommen, sodass wir gemeinsam den Campus erkunden und uns einleben konnten. Natürlich trifft man hier auch zahlreiche andere Internationals aus aller Welt, weshalb ich persönlich inzwischen mehr Internationals als Amerikaner kennen gelernt habe.
Nach einer Woche Eingewöhnungszeit ging auch schon das Semester los. Ich belege hier nur 3 Kurse, die dafür aber mehrmals in der Woche stattfinden. Auch die aktive Mitarbeit wird wesentlich mehr gefordert. Es gibt kaum eine Woche, in der ich keinen Test schreibe, ein Paper oder einen Reading Report abgeben muss. So wird auch die Bewertungsbasis breiter gefächert. Einerseits hilft dieses stetige System dabei, dranzubleiben und nicht (wie ich) immer erst in der letzten Semesterwoche anzufangen, die Vorlesung überhaupt anzuschauen. Andererseits kann es auch frustrierend sein, weil sich manche Assignments hier eher darauf abzielen, die Studierenden zu beschäftigen, als sie tatsächlich zu fordern und ihre Fähigkeiten zu erweitern. Eine weitere akademische Überraschung war für mich das Bachelorsystem hier. Mir war vorher nicht bewusst, dass man in den USA oftmals ein Bachelorstudium beginnt, ohne sich direkt auf ein Fachgebiet festzulegen. Das führt dazu, dass wichtige Grundlagen erst in höheren Semestern erlernt werden: Hier kommt das Economics-Studium z.B. bis zum vierten Studienjahr ohne Indifferenzkurven aus. Daher sind die Kurse hier eher weniger auf mathematische und statistische Analyse fokussiert als in Tübingen. Daher gilt also: keine Sorge, dass der Leistungsdruck zu groß wäre.
Abgesehen von diesen strukturellen Stolpersteinchen ist das Economics Department an der UMich sehr gut aufgestellt, und auch die Business School ist quasi eine regionale Berühmtheit. Allgemein genießt die Uni hierzulande einen exzellenten Ruf, und das nicht nur wegen ihrem erfolgreichen Footballteam. Im Verständnis der Studierenden bewegt sich ihre Uni in der Liga direkt unter den Ivy Leagues. Das zeigt sich auch im School Spirit, der hier sehr stark ausgeprägt ist. Kleidung mit Unilogo, von der Unterwäsche bis zur Kopfbedeckung, gehört zum Standard-Kleiderschrank. An Footballsamstagen ist hier die ganze Stadt auf den Beinen.
Aber auch abseits der Universität hat Michigan einiges zu bieten. Zwar ist das überregionale Bus- und Schienennetz spärlich ausgebaut, aber viele Ziele an der Ostküste können schnell mit dem Flugverkehr erreicht werden. Dieser funktioniert wiederum einwandfrei. Auch Michigan selbst wartet mit großartiger Natur wie den großen Seen oder den Klippenlandschaften im Norden auf. Mit etwas Glück bekommt man hier sogar Polarlichter zu sehen. Die besondere Natur hier zu erkunden war eins der schönsten Erlebnisse für mich. In den Worten meines Professors: „Die einzigen Dinge, die die USA besser können als Europa, sind Nationalparks und Universitäten.“
Allein wegen der zahlreichen Lektionen, die ich über die US-amerikanische Kultur und Mentalität lernen konnte, würde ich mich immer wieder für ein Auslandssemester dieser Art entscheiden. Außerdem habe ich natürlich viele interessante Bekanntschaften gemacht und auch mein Englisch hat sich noch ein wenig verbessert. Internationals werden an der University of Michigan herzlich willkommen geheißen und Ann Arbor hat die perfekte Größe, um sich innerhalb eines Semesters dort zurechtzufinden. Daher lautet mein vorläufiges Fazit für dieses Semester: „It’s great to be a Michigan Wolverine!“