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AutorenbildRuben Voss

Mexico - Universidad de Guanajuato

Die unsichtbare Hand des International Office der Universität Tübingen schickte mich für mein Auslandssemester an die Universidad de Guanajuato in Zentralmexiko. Ohne mir vorher eine Wohnung organisiert zu haben und trotz der latenten Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, ging es für mich bereits Ende Juli auf die mexikanische Hochebene.

Nachdem die spontane Wohnungssuche über WhatsApp und Facebookgruppen überraschend schnell und erfolgreich abgeschlossen werden konnte, musste nur noch eine letzte Tübinger remote-Klausur geschrieben werden und kurz danach begann direkt auch schon das Semester in Mexiko. Zu Beginn des Austausches legte sich das mexikanische International Office ordentlich ins Zeug, um die circa 40 Austauschstudierenden zu empfangen und in den mexikanischen Unialltag einzuführen. Dieser selbst beginnt für alle WiWis sowie Tourismus-, Administrations- und Kunststudierende mit einer Busfahrt vom Stadtzentrum auf einen nahegelegenen Hügel, auf dem die besagten Fakultäten über dem Tal thronen. Das garantiert nicht nur einen genialen Blick über die umliegenden Berge, sondern auch alljährlich milde Temperaturen und Campusfeeling inklusive Cafeteria, die zu jeder Uhrzeit recht passables warmes mexikanisches Essen anbietet. Das Economics Department, dem ich als International Economics Student zugeteilt wurde, stellt uniintern eher eine Kuriosität dar, denn pro Semester gehören dem Department nur knapp 50 Studierende an. Die motivierten und kompetenten Professor:innen sorgen jedoch dafür, dass der Studiengang in Studierendenkreisen zu den schwierigeren gezählt wird. Da Vorlesungen prinzipiell eher wie Gymnasialunterricht mit Universitätsstoff ablaufen, gestalten sich die Module für deutsche Verhältnisse ausgesprochen interaktiv und somit sind Diskussionen und der direkte Austausch ein wesentlicher Bestandteil. Jedoch liegt der Fokus eines Auslandssemesters in Lateinamerika wahrscheinlich weniger auf der mutmaßlichen akademischen Exzellenz der Partneruni, sondern eher auf dem Land, den Leuten und der Kultur.

Guanajuato selbst ist in gewissen Aspekten das Tübingen in Mexiko - auch wenn Tübingen im Gegensatz zu Guanajuato noch kein UNESCO Weltkulturerbe ist. Guanajuato ist eine vom Fremdenverkehr und Studierenden geprägte, hügelige, ruhige und ausgesprochen hübsche Mittelstadt, in der man sich ständig im Stadtzentrum über den Weg läuft. „Ruhig“ ist die Stadt auch im mexikanischen Sinne, wo „ruhig“ meist die Abwesenheit von mehr oder weniger organisierten Verbrechen impliziert - was Guanajuato durchaus vom restlichen gleichnamigen Bundesstaat abgrenzt. Diese Sicherheit, die unter anderem auch ein Resultat des touristischen Charakter ist, ist ein Pluspunkt für Guanajuato im mexikanischen Kontext und ermöglicht ein ausgesprochen aktives Nachtleben, das von Clubs und Tanzbars bestimmt wird. In diesem Kontext sei auch angemerkt, dass mexikanisches Bier überraschend genießbar ist. Und wem es die schmalen, verwinkelten Gassen, die Vielzahl kleiner, bunter, Barockkirchen, die farbenfroheren Häusern und die Tacostände noch nicht angetan haben, den werden die Mexikaner:innen selbst überzeugen. Die allgemeine Wärme im alltäglichen Umgang gemischt mit einer Extrovertiertheit erleichtern den Einstieg enorm, sodass auch mittelmäßige Spanischkenntnisse nicht im Weg stehen.

Durch seine recht zentrale Lage eignet sich Guanajuato darüber hinaus auch gut als Ausgangspunkt für Reisen. Natürlich mit dem Fernbus, denn sein Eisenbahnpassagiernetz hat Mexiko in guter nordamerikanischer Manier komplett wegrationalisiert. Guadalajara, Mexiko-Stadt und Oaxaca sind alle mehr oder weniger bequem erreichbar und dank seiner enormen landschaftlichen Vielfalt kann man in Mexiko allen möglichen touristischen Aktivitäten nachgehen. Klassische Städtereisen, ganzjähriger Strandurlaub an der Pazifik- oder Atlantikküste sowie Vulkanbesteigungen sind allesamt möglich.


Für alle, die also ein bisschen aus ihrer Komfortzone rauskommen möchten oder ihr Spanisch verbessern wollen, ist Mexiko garantiert eine gute Wahl und ein nettes Kontrastprogramm zum Tübinger Unialltag.

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